Am 15. März 2024 traten die Regelungen des neuen § 40b Abschnitt M der Arzneimittel-Richtlinie in Kraft. Die wesentliche Änderung: Apotheken sind bei der Abgabe verordneter biotechnologisch hergestellter Arzneimittel zur Ersetzung durch ein preisgünstigeres Arzneimittel verpflichtet, wenn es sich um bestimmte parenterale Zubereitungen handelt. Von der Biosimilarsubstitution (noch) nicht betroffen sind Fertigarzneimittel, die in der Apotheke über den HVTisch gehen. Kathrin Pieloth und Frank Weißenfeldt von Insight Health geben einen Überblick zum Markt und zum neuen Verfahren.
Biopharmazeutika stehen für 24,0 Mrd. Euro Umsatz im Markt der gesetzlichen Krankenkassen. Neben Originalen tragen zunehmend Nachahmer, sogenannte Biosimilars, zum Marktwachstum der Biopharmazeutika bei. So lag der Umsatz (Basis: Apothekenverkaufspreis) im Jahr 2024 im GKV-Markt bei 3,5 Mrd. Euro. Obgleich bis 2024 bereits insgesamt 7,7 Mrd. Euro für das GKV-System eingespart wurden, haben fortwährend steigende Umsätze die Krankenkassen und die Politik animiert, weitere Einsparpotenziale zu realisieren.
Anmerkung: Basis der Grafik sind Daten aller Apothekenrechenzentren (ohne PKV-Umsatz). Der PKV-Umsatz kann in Ergänzung auf Basis von rund 7.000 Panel-Apotheken abgebildet werden. Preisbasis ist der AVP. Quelle: Insight Health GKV-Abrechnungsdaten inklusive Zubereitungen; * nach AVP = Apothekenverkaufspreis
Ähnlich: fast gleich, aber nicht identisch
Ad hoc stellt sich die Frage: Wie unterscheiden sich Biopharmazeutika, Bioidenticals und Biosimilars? Die Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft definiert Biosimilars wie folgt:
„Ein Biosimilar – biosimilares Arzneimittel – ist ein Biologikum, das eine Version des Wirkstoffs eines im europäischen Wirtschaftsraum bereits zugelassenen Biologikums (Referenzarzneimittel, Originator) enthält. Die Ähnlichkeit zum Referenzarzneimittel in Qualität, biologischer Aktivität, Sicherheit und Wirksamkeit muss basierend auf einem umfangreichen direkten Vergleich („comparability exercise“) etabliert worden sein. „Ähnlich“ bezeichnet hier den gleichen Korridor für die Mikroheterogenität, wie er für das Referenzarzneimittel bei jeweils neuer Charge oder Änderung im Herstellungsprozess gilt.“
Bioidenticals hingegen sind biotechnologisch hergestellte Arzneimittel, die den gleichen Ausgangsstoff und denselben Herstellungsprozess aufweisen. Diese Arzneimittel sind daher tatsächlich identische Biopharmazeutika und dürfen seit jeher in der Apotheke ausgetauscht werden, sofern die Bioidenticals in der Anlage 1 des Rahmenvertrags namentlich genannt sind.
Der GKV-Umsatz aller Biopharmazeutika liegt – wie bereits berichtet – derzeit bei 24,0 Mrd. Euro, das entspricht einem Anteil von insgesamt 36,1 %. Der Beitrag der Biosimilars am GKV-Markt liegt bei 5,3 %; entsprechend ist der absolute Wert 3,5 Mrd. Euro. Weitere 6,7 Mrd. Euro (Anteil am GKVMarkt: 10,2 %) entfallen auf sonstige patentfreie Biopharmazeutika. Die Größe des Marktsegments der patentgeschützten Biopharmazeutika liegt bei 13,7 Mrd. Euro (Anteil am GKV-Markt: 20,7 %).
Kontinuierliche Neuzulassungen durch gefüllte Pipelines
Die Geschichte der Biosimilars ist noch relativ jung. Vor 9 Jahren wurde das erste Biosimilar in der Europäischen Union zugelassen. Die Entwicklung der letzten Jahre ist gekennzeichnet durch weitere Neuzulassungen, sodass im Dezember 2024 insgesamt 97 Biosimilars in der EU zugelassen waren.
Vergleichsweise stark ist der Anstieg der Biosimilar-Zulassungen in der EU seit dem Jahr 2017. Während von 2013 bis 2016 lediglich insgesamt 10 Biosimilars in der EU zugelassen wurden, erhielten vom Jahr 2017 bis Ende 2024 insgesamt 80 Biosimilars eine Neuzulassung für die EU. Im letzten Jahr erreichte die Anzahl der Neuzulassungen mit 20 einen Höchststand. Etwa die Indikationsgebiete Antineoplastische Mittel (ATC-Code L01), Immunsuppressiva (ATC-Code L04), Mittel zur Behandlung von Knochenerkrankungen (ATC-Code M05) sowie Ophthalmika (ATC-Code S01) ist die europäische Pipeline gut gefüllt, wie unter anderem Daten der Patentdatenbank Shark von Insight Health zeigen.
Bereits die Umsatzentwicklung der Biopharmazeutika insgesamt ist beeindruckend. So lag der Umsatz mit Biologicals 2017 bei 11,4 Mrd. Euro und im Jahr 2024 bei 24,0 Mrd. Euro. Noch beeindruckender ist allerdings die Entwicklung der Biosimilars. Während der Anteil am gesamten GKV-Markt für Biopharmazeutika 2017 noch bei 5,3 % lag, war der Anteil nach Wert im letzten Jahr bei sage und schreibe 14,6 %.
Den Originalartikel von unseren Expert*innen Kathrin Pieloth und Frank Weißenfeldt mit Quellenangaben können Sie im DAP Dialog (Ausgabe 86, April 2025) nachlesen. Für weitere Informationen zu einer unserer passenden Lösungen für die Datenanalyse klicken Sie hier: Insights für den gesamten Produktlebenszyklus