Interview: Einblicke in die pädiatrische Onkologie
Interview: Einblicke in die pädiatrische Onkologie
10. Januar 2025
Martin Heimes von DUMUSSTKÄMPFEN zu Besuch bei Insight Health
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Erfahrungsaustausch mit der Kinder-Krebshilfe-Organisation DUMUSSTKÄMPFEN!
Krebs ist eine der schwerwiegendsten gesundheitlichen Herausforderungen. Kaum ein Erwachsener hat in seinem Bekanntenkreis noch keinen Fall gehabt. Die Diagnose wirkt umso schwerer, wenn sie Kinder betrifft.
Ein Blick auf die Patientenzahlen im Bereich Onkologie zeigt: In Deutschland ist die Anzahl der behandelten Krebspatienten insgesamt in den letzten 3 Jahren um 11,4 % gewachsen. Erschreckend ist, dass die Anzahl der behandelten Patienten unter 18 Jahren im selben Zeitraum um 24,8 % zugenommen hat. (Quelle: Insight Health (2024). Patient Insights Analytics.)
Daher sprechen wir im Interview mit Martin Heimes von der Kinderkrebshilfe-Organisation DUMUSSTKÄMPFEN! über die aktuellen Zahlen und Statistiken sowie seine Erfahrungen und Erlebnisse in der pädiatrischen Onkologie.
Onkologische Erkrankungen sind bei Kindern relativ selten. Trotzdem hat Krebs im jungen Alter eine ganz andere Dimension. Würden Sie aus Ihrer Erfahrung berichten, was die Diagnose Krebs im Kindesalter bedeutet?
Martin Heimes: „Kinder haben einen großen Teil ihres Lebens noch vor sich. Daher wird Krebs im jungen Alter als deutlich schwerwiegender wahrgenommen.
Vor allem kleine Kinder entdecken die Welt erst noch und brauchen daher im Alltag ohnehin unsere Unterstützung. Die onkologische Behandlung und medizinische Betreuung im Krankenhaus wird für die Eltern dann oft zur Mammutaufgabe. Wenn wir an Kinder im Alter von 1 bis 3 Jahren denken, können diese natürlich nicht permanent vom regulären Kranken- und Pflegepersonal in der Klinik betreut werden. Da ist oft ein Elternteil dabei, um sein Kind dauerhaft zu begleiten.
Unser Sohn Jonathan war damals bei seiner ersten Krebstherapie schon etwas älter, sodass auch Freunde und Bekannte regelmäßig zu Besuch kamen, um ihm durch die schwere Zeit hindurch zu helfen und ihm Gesellschaft zu leisten. Nichtsdestotrotz benötigen Kinder und Jugendliche mehr Aufmerksamkeit und liebevolle Betreuung als etwa ein Erwachsener.
Das onkologische Spektrum ist sehr groß und spezialisiert. Welche Projekte unterstützen Sie mit Ihrer Wohltätigkeitsinitiative, um den jungen Patienten zu helfen?
Mein Sohn Jonathan ist ja der Gründer unserer Initiative gewesen. Vor seiner Erkrankung war er ein hoffnungsvolles deutsches Tennistalent. Welche Kraft der Sport besitzt und wie er krebskranken Kindern hilft, das erlebte Johnny während seiner vielen Klinikaufenthalte. Deshalb unterstützen wir heute vor allem sportbezogene Projekte für krebskranke Kinder. Der Sport und die Bewegung helfen ihnen wieder aktiv zu werden und so die Zeit während und nach der Behandlung gut zu überstehen.
Außerdem unterstützen wir ein Projekt zur psychosozialen Beratung und Begleitung. Das KinderPalliativTeam Südhessen kommt zur Betreuung mit Arzt und Pflegekraft regelmäßig zu den Familien nach Hause. Oft kommen in den Familien dann Fragen auf, die sie versuchen beim Besuch mit den Medizinern zu klären. Dafür sind sie jedoch nicht ausgebildet, wenn zum Beispiel die Geschwisterkinder ihre Sorgen mit ihnen teilen oder Eltern sich zu Anträgen und finanziellen Hilfen informieren wollen. Diese Begleitung ist enorm wichtig. Deshalb unterstützen wir auch das KinderPalliativTeam Südhessen dabei, zusätzlich eine Stelle zur psychosozialen Beratung zu finanzieren.
Würden Sie uns bitte auch die Sporttherapie noch genauer erläutern?
Natürlich! Unser Engagement hat damals mit der supportiven Sporttherapie begonnen. Die physiotherapeutischen Angebote in der pädiatrischen Onkologie sind in der Regel begrenzt. Jedoch können körperliche Aktivität und Bewegung gerade während einer Chemotherapie helfen und die motorische, kognitive und emotionale Entwicklung des Kindes fördern. Deshalb engagieren wir uns gemeinsam mit dem Verein Hilfe für krebskranke Kinder Frankfurt e.V. für die supportive Sporttherapie an der Kinderkrebsstation der Uniklinik Frankfurt.
Darüber hinaus unterstützen wir das Netzwerk ActiveOncoKids, das in Klinken bundesweit verschiedene Bewegungsangebote aufbaut und somit krebskranken Kindern hilft, ihren Fitnesszustand zu verbessern. Ich finde vor allem auch die kostenfreien Übungsvideos auf ihrer Website sehr nützlich, da sie Kindern mit einem schwachen Immunsystem erlauben, auch ohne fremde Hilfe gezielte Übungen zu machen.
Besonders wichtig ist auch die Nachsorge für Kinder, die eine Krebserkrankung überstanden haben, aber noch nicht wieder so fit sind, dass sie gleich in einen Sportverein gehen können. Für diese Kinder bieten wir unter der Leitung der Sportwissenschaftlerin Hannah Stalf unterschiedliche Work-Shops (Rudern, Klettern, Boxen, Tennis, Basketball, Fußball, Tanzen, Kochen, …) an. Daran können nicht nur die betroffenen Kinder teilnehmen, sondern auch ihre Freunde und Geschwister. Dieser Kontakt und das gemeinsame Erleben ist nach der Therapie oft besonders wichtig.
Gibt es nach Ihrer Erfahrung relevante Unterschiede im Bedarf der Betreuung und Nachsorge von krebskranken Mädchen und Jungen?
Bewegung und psychosoziale Betreuung sind für Jungen und Mädchen gleichermaßen wichtig. Daher freue ich mich, dass alle Angebote, die wir unterstützen, auch von beiden gleichermaßen genutzt werden. Vermutlich gibt es statistische Unterschiede, was die Präferenzen großer Sportarten zwischen den Geschlechtern betrifft, aber die Sporttherapie kommt sowohl bei Jungen als auch bei Mädchen immer gut an.
Natürlich sollte man die Kinder aufgrund ihres Gesundheitszustands nicht zum Sport drängen. Im Behandlungsalltag der jungen Krebspatienten stellt die körperliche Bewegung aber oft eine willkommene Abwechslung dar, die ihnen zusätzlich guttut.
Was wünschen Sie sich zur Unterstützung Ihrer Initiative oder generell zur gesellschaftlichen Unterstützung für krebskranke Kinder?
Als gemeinnützige Gesellschaft unterstützen wir andere Krebshilfe-Organisationen, indem wir Spenden sammeln. Dadurch können viele Projekte etwa zur Sporttherapie und psychosozialer Nachsorge erst finanziert werden. Deshalb freuen wir uns natürlich über die erneute Spende von Insight Health und über jeden anderen Beitrag, den unsere Spenderinnen und Spender leisten können.
Darüber hinaus freue ich mich immer, wenn sich gerade Jugendliche für bestimmte Projekte, die ihnen am Herzen liegen, ehrenamtlich engagieren. Das können schwerwiegende Themen wie Krebs und andere Krankheiten sein. Dieses ehrenamtliche Engagement kann viel Gutes bewirken. Das wird uns bei DUMUSSTKÄMPFEN! immer wieder bewusst, denn wir sehen ja, was Johnny hier aufgebaut hat und wie vielen Menschen er damit bis heute helfen konnte.
Weitere Informationen zu allen oben genannten Organisationen finden Sie auf den folgenden Websites: